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Langeweile hat in unserer Gesellschaft ein mieses Image und sollte – so hat man den Eindruck – unbedingt vermieden werden. Viele Menschen scheinen sich zu fürchten – oder dafür zu schämen – nicht ständig beschäftigt zu sein. Das ist schade und aus meiner Sicht sogar gesundheitsschädlich, denn wir brauchen auch Zeiten des Nichtstuns und der Muße, um auf sprichwörtlich neue Gedanken zu kommen.
Gerade das Smartphone hat sich zum Lückenfüller für jede Gelegenheit entwickelt. Irgendwo eine Minute Pause? Smartphone raus und checken, auch wenn es nichts zu checken gibt: In der Supermarktschlange, im Café, an der Haltestelle oder in der Bahn. Jeder schimpft darüber und doch machst auch du wahrscheinlich mit, oder? Doch damit ist zumindest für heute mal Schluss!

Hier kommt jetzt also deine Aufgabe

Lass heute dein Smartphone zu Hause und nimm dir eine Stunde Zeit, in der du keine Termine hast. Suche dir für diese Stunde eine Parkbank oder einen ruhigen Ort außerhalb deines Hauses, an dem du schön sitzen kannst. Das kann bei schlechtem Wetter natürlich auch innen sein, zum Beispiel in einem Café.
Hinweis: Wenn es heute partout nicht passt, dann plane dir jetzt einen Termin in den nächsten maximal fünf Tagen für diese Aufgabe in deinem Terminkalender ein. Schreibe die Aufgabe in den Kalender und aktivere eine Erinnerung, die dir genug Zeit lässt, die Aufgabe auch umzusetzen.

Bleib dort für 60 minutes sitzen und mach nichts, außer zu beobachten, was um dich herum passiert. Vermeide es, ein Gespräch von dir aus zu beginnen, und lenke dich nicht ab, sondern sei einfach da, sitze und schaue was passiert. Nimm die Impulse wahr, aber bewerte oder verurteile sie nicht, zum Beispiel: „Oh, jetzt wollte ich schon wieder in meine Tasche greifen, um mein Handy rauszuziehen. Na ja, es ist halt jetzt nicht da.“ Oder: „Was denken wohl die Leute, wenn ich hier so alleine sitze? Ob ich keine Freunde habe? Ob ich versetzt wurde? Ach, egal, was die anderen denken. Ich bin okay, so wie ich bin und sitze jetzt halt hier.“ Das Prinzip dahinter nennt man übrigens „Achtsamkeit“ oder auch Im-Hier-und-Jetzt-sein.

Zweiter Teil der Aufgabe

Notiere dir am Ende der Stunde deine Beobachtungen und Gedanken, die dir gekommen sind: Was ist dir aufgefallen? Hast du Erkenntnisse gefunden, die dir wichtig sind? War es angenehm oder unangenehm und warum? Hat sich dieses Gefühl eventuell über den Zeitverlauf verändert?
Achte an diesem Tag (und gerne auch an Tagen danach) auf Gelegenheiten, in denen „Langeweile“ entstehen kann und fülle diese bewusst nicht aus, sondern sitze oder stehe einfach und nimm wahr, was passiert und wie es dir geht. Beispiele sind: im Wartezimmer sitzen, ohne eine der Zeitungen zu lesen; an einer Haltestelle oder in einem Bus/Bahn zu sitzen, ohne aufs Handy zu starren; an einer Kasse zu warten, ohne dich abzulenken; im Café auf jemanden zu warten, ohne zu lesen oder das Handy in der Hand zu halten etc.

Dritter Teil der Aufgabe

Notiere dir am Ende dieses Tages deine Erfahrungen in deinem Notizbuch und reflektiere sie gerne mit jemanden. Untersuche insbesondere auch, wie es sich angefühlt hat ohne Smartphone. Häufig ist damit eine gewisse Angst verbunden („Wenn jetzt was passiert!?!“), aber auch das gute Gefühl, wieder Kontrolle über sich zu haben („Ich bin nicht angewiesen auf das Ding.“).
Diese Übung ist wichtig, um dir die vielen Einflüsse und die Informationsflut bewusst zu machen, die von außen auf dich einprasselt, und dich dieser Stück für Stück zu entziehen, um wieder (mehr) deine „innere Stimme“ zu hören. Diese Stimme wirst du brauchen, um dein „Ding“ zu finden und es dann auch konsequent für dich umzusetzen.

Daher wiederhole diese Übung während des 90-Tage-Programms immer wieder mal, wenn du kleine Pausen hast.