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Geld ist wichtig. Und mehr Geld macht auch glücklicher, jedoch nur bis zu einem gewissen Einkommen, wie verschiedene Studien belegen.[i] Selbst Lotto-Millionäre sind nach einem Jahr wieder ähnlich glücklich oder sogar unglücklicher wie vor dem „großen Gewinn“.
Wir sollten so viel Geld haben, dass wir uns keine großen Sorgen machen müssen. Gleichzeitig sollten wir nicht so viel Geld haben, dass wir uns gerade deswegen Sorgen machen müssten.

Es ist also hilfreich zu wissen, wie viel Geld du für dich und deine Familie brauchst, um glücklich zu sein. Denn ab diesem Niveau solltest du dafür sorgen, dass du mehr Zeit für die Dinge hast, die dir wichtig sind, statt zu versuchen, dein Einkommen weiter zu steigern.

Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), der französische Schriftsteller und Philosoph der Aufklärung, sagte dazu: „Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft.“

Hier nun deine Aufgabe für heute

Schreibe in deinem Notizbuch auf, welche Anschaffungen du in deinem Leben wann ungefähr tätigen möchtest. Konzentriere dich dabei zunächst auf die unbedingt notwendigen. Vielleicht möchtest du auf ein Eigenheim ansparen? Dann überlege dir, wie viel Geld du brauchst, um dafür einen Kredit aufzunehmen und dafür ggf. Eigenkapitel einzubringen. Teile den Betrag für die Anzahlung durch die Anzahl Monate, die bis zum geplanten Kaufdatum noch vergehen.
Beispielrechnung für geplanten Immobilienerwerb

Heutiges DatumNovember 2020
Geplantes KaufdatumJuni 2025
Geschätzter Kaufpreis250.000 Euro (davon 50.000 Euro Anzahlung)
Zeit Nov. 2020 bis Juni 202554 Monate
Monatliche nötige Sparrate
für die Anzahlung
50.000 / 54 = 926 Euro/Monat

Berechne den Geldbedarf für alle deine anderen Pläne (z. B. Kauf eines Autos, Kosten für die Ausbildung von Kindern etc.) und summiere deine Kosten des täglichen Bedarfs hinzu. Die Summe ist das Netto-Einkommen, dass du pro Monat für das Leben deiner Wahl erzielen musst.

Beispielrechnung für Ausbildung der Kinder

Heutiges DatumMärz 2020
Geplanter AusbildungsbeginnSeptember 2032
Benötigtes Budget50.000 Euro (Inflationsbereinigt)
Zeit März 2020 bis Sept. 2032151 Monate
Monatliche nötige Sparrate für die Ausbildung 50.000 / 151 = 331 Euro/Monat

Tipp
Als Selbstständiger musst du viele Kosten im Blick haben, über die du dir als Angestellter wenig oder gar keine Gedanken machen musst.

Das finanzielle Risiko trägst du allein und du musst dich selbst absichern, das heißt um Kranken-, Rente-, Pflege- und Sozialversicherungsbeiträge kümmern.
Der Mindestbeitrag zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ist hoch, private Krankenversicherung werden im Alter oder mit Familie schnell teuer. Außerdem musst du Arztkosten oft vorstrecken, was deinen Cashflow belastet.
Einer der häufigsten Stolperfallen von Selbstständigen ist eine Steuerzahlung, die häufig erst Jahre später kommt und viel höher ist, als erwartet. Ganz wichtiger Tipp: Richte dir ein eigenes Bankkonto für Steuerzahlungen ein, auf das du stets 30 Prozent des grob geschätzten Gewinns einzahlst. Außerdem solltest du Gewinnrückgänge direkt an das Finanzamt melden, denn die Finanzbehörde schätzt deine Steuerlast auf Basis des Gewinns der letzten Jahre.

Beispielrechnung für den Lebensunterhalt

pro Monat
Wohnkosten (monatliche Miete, Nebenkosten) 650 Euro
Lebensmittel (z. B. Nahrungsmittel, Getränke, Apotheke) 500 Euro
Kleidung 100 Euro
Mobilität (Kfz-Kosten, ÖPNV-Fahrtickets, Flugtickets) 350 Euro
Bildung (Ausbildungs- und Studiengebühren, Materialkosten)
Urlaubsreisen (ca. 2.400 € im Jahr) 200 Euro
Sport und Freizeit (Fitnessstudio, Kino, Theater) 20 Euro
Tierhaltung
Sonstiges (Telefon, Internet, Mobilfunk, GEZ etc.) 80 Euro
Lebenshaltungskosten1.900 Euro
Versicherungen20 Euro
Rücklagen für Ausbildung der Kinder 331 Euro
Altersvorsorge240 Euro
Sparen93 Euro
Raten für bestehende Kredite
Rücklagen für Immobilie 926 Euro
Kosten für die Zukunft1.600 Euro
Nötiges Nettoeinkommen3.500 Euro
Nettoeinkommen des Ehepartners1.950 Euro
Nötiges Einkommen aus Selbstständigkei1.550 Euro

Nachdem du die Berechnung gemacht hast: Ist es ungefähr so viel, wie du heute netto pro Monat verdienst? Vermutlich ist es eher mehr als weniger. Das würde bedeuten, dass dein bisheriges Einkommen nicht für den von dir gewünschten Lebensstil reicht und du mit deiner Selbstständigkeit entweder mehr Nettoeinkommen verdienen musst als heute oder du deinen gewünschten Lebensstil finanziell anpassen musst.
Wenn es sehr viel mehr ist, prüfe zunächst einmal, ob deine Pläne wirklich in der geplanten Höhe und in so naher Zukunft nötig sind. Du solltest ein realistisches Einkommensziel haben, um die Latte für deine Selbstständigkeit nicht zu hoch zu schrauben. Bedenke, dass sich dein Einkommen in den nächsten Jahren noch steigern kann, wenn du eine Aufgabe mit Begeisterung verfolgst und dein Geschäft wächst. Wenn du nicht in einem hochbezahlten Beruf bist und dein bisheriges Einkommen für dein Leben genügt hat, peile für die nächsten zwei, drei Jahre zunächst ein Einkommen in der gleichen Größenordnung an.

Wenn du heute in einem sehr gut bezahlten Job bist, der von dir lange Arbeitstage, Wochenendarbeit, viel Verantwortung und viel Stress abverlangt, beginne zunächst einmal damit zu überlegen, mit welchem geringeren Einkommen du leben könntest, wenn dafür die Belastung, der Stress, die Verantwortung und die Gefahr für deine Gesundheit deutlich geringer sind.

Mache dir auch klar, was es für dich bedeutet und dir „wert“ ist, wenn du mehr Zeit für deine Familie, für dich und deine Hobbys hat. Im Leben hat alles einen Preis. Der Preis für den hohen Lohn war bisher die Belastung. Wenn du die loswerden möchtest, ist der Preis dafür, dass du zunächst mit einem niedrigeren Einkommen auskommen musst.

Wenn das nicht geht, weil du so viele finanzielle Verpflichtungen hast, empfehle ich dir dringend, erstmal zu prüfen, ob du diese nicht reduzieren kannst und willst, zum Beispiel indem du Immobilien verkaufst, um Schulden zurückzuzahlen. Auch wenn du dadurch vielleicht finanziell einen Verlust machst: Deine Gesundheit und deine Lebenszeit kannst du mit keinem Geld der Welt aufwiegen.

Wie viel Geld musst du pro Tag verdienen? Für die Berechnung der Arbeitstage pro Jahr, die du als Selbstständiger wirklich arbeitest, müssen wir – je nach deinem Geschäftsmodell – Feiertage, Fortbildung, Urlaube, Krankheitstage etc. abziehen.

Nehmen wir mal an, dass du von den 365 Tagen im Jahr an Wochenenden (104 Tage), Feiertagen (zwischen neun und 16 Tage), im Urlaub (25 bis 30 Tage), bei Krankheit (ca. fünf Tage) und für Zeiten der Weiterbildung (ca. fünf Tage) nicht arbeitest. Dann bleiben 211 Tage pro Jahr oder im Durchschnitt 17,5 Tage pro Monat.

Damit ergibt sich ein benötigtes Nettoeinkommen pro Tag von:

1.550 Euro ÷ 17,5 ≈ 89 Euro/Tag

Erhöhe nun den Betrag um deinen durchschnittlichen Steuersatz, um dein nötiges Brutto-Einkommen zu berechnen:

Bruttoeinkommen = Nettoeinkommen x (1 + Steuersatz in Prozent ÷ 100)

Beispiel für benötigtes Nettoeinkommen (bei Steuersatz von 45 %):

  • pro Jahr 12 x 1.550 x 1,45          = 26.970 Euro
  • pro Monat 550 x 1,45         = 2.247,50 Euro
  • pro Tag 89 Euro x 1,45     = 129,05 Euro
  • pro Stunde 129,05 Euro ÷ 4   = 32,14 Euro (bei einem vier Stunden/Arbeitstag)

Mit dieser Übung weißt du jetzt, wie viel Geld deine Geschäftsidee pro Stunde, pro Arbeitstag, pro Monat und pro Jahr abwerfen muss. Das ist eine wichtige Information für viele zukünftige Entscheidungen und für dein Geschäftsmodell, das du in Kürze im 90-Tage-Programm entwickeln wirst.

[i] Vgl. z.B. https://link.springer.com/article/10.1023/A:1014411319119 oder Kasser/Ryan (1993). – https://doi.org/10.1037/0022-3514.65.2.410